Sonntag, 1. Juli 2012

Letzte Nacht...

Wenn der Himmel sich entscheidet, all die Last abzuwerfen, die sich inmitten dieser riesigen Wattebauschwolken befindet, so verneige ich mich tief vor solch einer unbändigen Naturgewalt. Es liegt in der Natur des Menschen sich alles und jeden Untertan machen zu wollen. Gestern jedoch war es ganz still. Der Mensch verzog sich nach drinnen, in dem Glauben somit der zerstörerischen Kraft entkommen zu können. Doch nur weil die Geräuschkulisse an Krieg erinnert, heißt es noch lange nicht, dass dem Ganzen nicht eine tiefe Schönheit innewohnt.

Es war mal wieder mitten in der Nacht. Diesmal war ich nicht allein. Mit keinem Ziel. Denn du warst ja bereits neben mir. Verdammt ein Reim, das sollte wirklich keiner sein. Lange Rede, kurzer Sinn. Hand in Hand zogen wir durch die Straßen, gemustert von den Blicken der Nachtaktiven, immer weiter gen Reichstag. Meine Espadrilles wurden zur Behinderung, sie zerrissen von einem Augenblick auf den nächsten. Diese Tatsache rang uns beiden ein Lachen ab. Ich erinner mich genau. Wer hat schon mal barfuss vor dem Reichstag gestanden, im immer stärker werdenden Regen, wärmend an der Wärme des anderen, mit den Locken kämpfend, die immer mehr von dem Regen aufsaugten und dann dicke Tropfen hinabschickten, den Nacken und Rücken entlang.  Doch auch wir suchten Schutz. Genau gegenüber vom Bundeskanzleramt zwischen den Säulen des Paul - Löbe Haus nahm ich dich in den Arm, während die Welt nicht, wie viele denken, über uns zusammenbrach sondern sich entfaltete. Ich sah dir dabei zu wie deine Finger im Himmel lange Blitze zogen, wie von Künstlerhand gezeichnet, groß, unregelmäßig, losgelöst von den Gesetzen der Ordnung. Wir staunten mehr als das wir verstanden. Zwei Kinder die dem großen Orchester der Natur zuhören. So ist das mit den großen unerwarteten Dingen im Leben. Wir brauchen einen Moment zum Realisieren. Realität braucht aber Bezug. Leider konnten wir keinen dieser Blitze einfangen, immer, wenn ich nach ihnen griff, entstand ein paar Zentimeter weiter ein noch größerer und hellerer. Sie kamen ebenso unerwartet, wie dieses Gefühl in mir. Es war einfach da. Ich kann es mir nicht erklären, aber ein Staunen verlangt keinerlei Erklärung. Das Schöne liegt in der Unwissenheit, die dieses Gefühl mit sich bringt.

Nur eine Frage habe ich an dich: 

Merkst du die Anspannung, die dich überfällt wenn es soeben geblitzt hat und du auf das Grollen wartest?

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